Nachtgedichte

Danach

Danach, sagte Diotima,
die mit dem einen Auge,
danach, wenn du dem Schlafe nah,
die Seel' ich aus dir sauge.

Ich werd' dich ewig an mich binden
mit Wonne und mit Lust.
Du wirst dein Herz nie wieder finden,
ich reiß' dir's kunstvoll aus der Brust.

Danach, sagte Diotima,
die Harte und die Wilde,
danach, da bin ich dir ganz nah.
Sie lächelt zart und milde.

Dein Herz, das ess' ich ganz und gar,
gewürzt mit Senf und Rosmarin.
Das stärkt die Lust so wunderbar
und Nachschub ist im Netz schon drin.

Nacht der Liebe

Mond mit kalten Silberfingern
leuchte hell auf diesen See.
Ich will mich an sie erinnern,
rot wie Blut und weiß wie Schnee.

Nicht lange wollt sie sein nur mein,
bald wurd' sie widerspenstig.
Da schlug ich ihr den Schädel ein,
versenkt' im See sie eigenhändig.

Jetzt bist du mein, mein liebes Kind,
auf immer und auf ewig.
Die Nächte nur Erinn'rung sind,
doch - das ist mir zu wenig.

Drum suche ich mir jetzt ganz schnell
ein neues Mägdelein,
mit feiner Haut, so weiß, so hell.
Auch sie wird bald die meine sein.

Suppenküche

Ich ziehe Quecken mir im Garten
zusammen mit dem Schierlingskraut.
Der Tod muss gar nicht lange warten,
er hat sehr bald 'ne schöne Braut.

Den Hans will ich alleine haben,
was glotzt er nach der blonden Maid!
Soll sie am Fliegenpilz sich laben,
ich finde nicht, das geht zu weit.

Ich koche ihr ein Süppchen fein
aus Pilzen und aus Schierlingskraut,
mit Belladonna, Fliegenbein
und Krötenwarzen heiß gebraut.

Dann lad ich sie zum Essen ein
und sie, sie kommt ganz frohgemut.
Zuerst serviere ich den Wein,
die Suppe schmurgelt auf der Glut.

Will ich sie aus der Küche holen,
da liegt davor der Hans ganz rot.
Er hat vom Süppchen was gestohlen
und liegt am Boden mausetot.

Die blonde Maid fand einen Andern,
inzwischen sie sehr glücklich ist.
Doch ich musst an den Galgen wandern,
ein Rabe meine Leber frisst.

Ungebetener Gast

Draußen steht die dunkle Frau.
Ach, ich wollt' wie sie nicht sein!
Wütend und zerlumpt in Grau,
lasse sie erst gar nicht rein.

Hasserfüllt ballt sie Hände,
tritt mir fast die Türe ein.
Poltert keifend gegen Wände,
schlägt sie mir den Schädel ein?

Angsterfüllt und zitternd schau ich
dieser Furie ins Gesicht.
Wie mein Herz sich immer täuschte!
Denn was ich sehe, das bin ich.